Ein Artikel über unser Tierheim-Projekt in der Zeitschrift ‚Kazan First‘

Hier geht’s zum Orinalartikel:

https://kazanfirst.ru/article/422500

Die deutsche Übersetzung:

Artikel von Maria Rudakova, 01.08.2017


Deutsche Tierschützer sollen die Einwohner Kasans für obdachlose Katzen und Hunde sensibilisieren.

Ein Artikel von Maria Rudakova- Kasan


Zoovolontäre und Bürger der Stadt, denen das Problem der obdachlosen Tiere nicht gleichgültig ist, kamen in Kasan beim Runden Tisch zusammen. Gemeinsam planten die Teilnehmer, wie man die Tiere von der Straße holt. Außerdem wurde der Bau eines speziellen Zentrums bekanntgegeben, welches  in Not geratene Tiere aufnimmt und somit den jahrelange Streit zwischen Tierschützern und Tierfängern lösen könnte. 


In Russland ist es selten der Fall, dass ein Hund von der Straße adoptiert wird – zuviele Probleme brächten die Straßenhunde mit sich, außerdem seien sie nicht modisch genug. Trendige Miniaturhunde wie Chihuahuas oder edle Huskys sind viel attraktiver als ein obdachloser Hund mit Schuppenflechte. So kommt es, dass die Rassenhunde gezüchtet, gepflegt und verhätschelt werden, während die Hunde, die auf der Straße zur Welt kommen, ein trauriges Schicksal erwartet.


Bis heute gibt es in Kasan kein einziges städtisches Tierheim. Das Resultat: Auf Kasans Straßen leben Hunderte von obdachlosem Hunden, die sich natürlich weiter vermehren. Diese Tiere quälen sich vor Hunger, und streunen um Müllhalden und in Höfen, wo sie vereinzelt von netten Kasanern gefüttert werden. Die meiste Tiere sterben unter schrecklichen Qualen, entweder durch einem Unfall, oder durch die Hände der Hundefänger, oder bei einem Angriff stärkerer Hunde.


Auf dem Treffen berieten sich Repräsentanten der kasaner Organisation „Doghelp Kazan“ und der deutschen Organisation „Hundehilfe Russland“ über Pläne zum Bau eines Zentrums für in Not geratene Tiere in Tatarstan.


Der deutsche Verein „Hundehilfe Russland“ bringt unsere Straßenhunde an Besitzer in Deutschland und andere europäische Länder.  In einigen Jahren der Arbeit ist es den Volontären gelungen 540 Vierbeiner zu vermitteln. Viele dieser Tiere sind behindert. Wie die Gründerin und  die zweite Vorsitzende von „Hundehilfe Russland“, Natalia Gracheva, berichtet, ist dieser einer der größten Tiervermittlungsvereine in Europa.

Die europäischen Kollegen schlagen vor, die Erfahrung aus Deutschland zu übernehmen. In Deutschland gibt es nämlich gar keine Strassenhunde. Hier sind es die Bürger selbst, die aufpassen: Wenn ein herrenloser Hund oder eine herrenlose Katze gesichtetwerden, wird die Polizei informiert. Da alle Tiere gechippt sind, wird mit moderner Technologie entweder der Besitzer ausfindig gemacht, oder das Tier ins Heim verbracht. 


„Wie ist es bei uns?: Wenn eine Mutter mit Kind einen obdachlosen Hund auf der Straße sieht, schreit sie sofort: „Fass ihn nicht an! Er beißt! Er hat Flöhe! Er hat Schuppenflechte!“  Das ist auch das Problem: Die Kinder sind von der Kindheit an nicht an die Straßentiere adaptiert. Und wenn sie erwachsen werden, ist es so bereits verinnerlicht“, sagt Natalia Gracheva.


In Deutschland gibt es in jeder Stadt ein städtisches Tierheim, wo herrenlose Hunde untergebracht sind. Wer einen Vierbeiner adoptieren möchre, muss zunächst einen bestimmten Antrag stellen und einen langen Bewerbungsbogen ausfüllen. Danach wird der Haushalt von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung inspiziert und die Nachbarn um ihr Einverständnis gefragt. Erst wenn man sich vergewissert hat, dass das Tier nicht nur in gute Hände, sondern auch in einen Haushalt mit angemessener Wohnfläche gelangt, wird die Erlaubnis erteilt. Später kommen die Mitarbeiter des Vereins zur Nachkontrolle nach Hause. Sie wollen sich vergewissern, dass die Tiere gut behandelt werden. Ist dies nicht der Fall, werden die Tiere wieder mitgenommen. Die Mitnahme der Tiere geschehe aber nur in Einzelfällen, berichten die Tierschützer.


„Wir arbeiten mit dieser Organisation bereits seit fünf Jahren. Angefangen hat das alles damals sehr traurig, anders als jetzt. Vor fünf Jahren hatten wir weniger Volontäre und Tierschutzorganisationen, und die Stimmung der Bürger uns gegenüber war viel schlechter. Es gab auch viel mehr Hunde auf den Straßen von Kasan“, berichtet Maria Gurjanova, die Leiterin des kasanischen Fonds „Doghelp Kazan“. „Die Erfahrung von Deutschland auf Russland zu übertragen ist möglich, aber nur mit Unterstützung von der Regierung. Wenn schon nicht finanziell, dann aber wenigstens moralisch. Wenn uns bloß erlaubt wäre, Banner anzubringen, wäre dies schon ein großer Beitrag für unsere Arbeit! Alles, was wir tun können ist das Erzählen von  herzzerreißenden Schicksalsschlägen, das Aushängen von vorher-nachher Fotos, und  unsere Arbeit in sozialen Medien erklären. Aber die Medien berichten oft Negatives. Oft wird in Sendungen gesagt, dass jemand von einem Hund gebissen wurde und Hunde generell viele ansteckende Krankheiten haben und schmutzig sind. Die Medien sind in dieser hinsicht leider sehr einseitig. Es müssten auch die anderen Seiten gezeigt werden. Gabe es mehr schöne Sendungen zum Thema Hunde oder Straßenhunde, so würde das auch die Einstellung der Menschen verändern.“


Laut Maria Gurjanova gibt es heute in Kasan vier Tierschutzorganisationen und die zwei Tierheime „Kater und Hund“ und „Zoofürsorge“. Das sind keine staatlichen Tierheime, sondern sie sind von ganz normalen Tierschützern organisiert. Dafür gibt es in der Stadt ganz viele Pflegestellen, wobei bis zu 30 Tiere in einer Pflegestelle untergebracht sind. Dies deutet darauf hin, dass die Menschen den Wunsch haben, sich mit den Problemen zu beschäftigen. Es gibt ganz viele Menschen in der Hauptstadt von Tatarstan, denen das Staßentier-Problem nicht gleichgültig ist.


Zuletzt wurde mit den Kräften des Vereins Miitel gesammelt und zwei Grundstücke in Rayon Vysokogorsk gekauft. Hierfür ist für ein Jahr der Bau eines Rehabilitationszentrum für obdachlose Hunde geplant. Wenn das Zentrum eröffnet wird, wird sich die Zahl der obdachlosen Hunden auf den Straße der Stadt deutlich verringert, die Hunde dort werden sozialisiert und rehabilitiert. Dadurch werden finanzielle Mittel, die heute noch für Fangdienste ausgegeben werden, gespart.


Des Weiteren wird das Zentrum auch eine erzieherische Funktion für die heranwachsende Generation erfüllen: Die  Fürsorge für Tiere lehre Barmherzigkeit und Verantwortung, meinen die Gründer des Zentrums.


„Geplant ist für die Zukunft eine Kooperation mit den Schulen, damit die Kinder eine ethische Beziehung zu Tieren kennenlernen. Es werden außerdem auch Spaziergänge mit den Hunden für die Kasaner Bevölkerung organisiert. So eine Art der Zusammenarbeit ist sehr angesagt in Europa: Bürger, die aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sind ein Tier bei sich aufnehmen, kommen in die Heime und spazieren mit Hunden und Katzen,“ berichtet Frau Gracheva.


Eine weiteres Angebot des Zentrums ist das Hotel für Tiere. Es funktioniert so, dass jeder seinen Schützling dort abgeben kann, wenn er in Urlaub fährt. Das Tier wird dann im Hotel versorgt, bis Herrchen/Frauchen wieder zurückkommen. 


Die Tierschützer aus Deutschland waren schon vor einem Jahr angereist, um ein Grundstück zu erwerben. Aber leider verzögerte sich der Prozess, laut Tierschützer. Nun endlich konnten die Aktivisten zwei Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 5500 qm kaufen. Als nächstes steht dort  das Verlegen von Stromleitungen an. Geplant ist der Bau von unbeheitztem Gehegen, einem Welpenhaus, einer Tierklinik, einer Abteilung für die Hunde mit Handycap, einem Quarantänebeteich und einem Platz für das Training mit Hundetherapeuten – alles nach Modell eines westlichen Tierheimes.


In der nächsten Etappe wird der Zaun errichtet und das Grundstück betoniert. Übrigens, alle finanzielle Mittel für den Bau des Zentrum sind beteits gesammelt. Der ungefähre Betrag ist 130 Tausend Euro bzw. 21 Millionen Rubel. Wie die Organisatoren berichten, kann sie die Summe noch ändern. Was die Quelle der Einnahme betrifft, so werden diese ausschließlich durch Spenden erlangt.


„Wir wollen bis Ende des Winters das Gehege für 100 Hunde errichten, auch wenn das Häuschen für die Volontäre noch nicht gebaut wird. Das funktionierende Zentrum für Rehabilitation soll komplett  bis Ende des Sommers eröffnet werden“, hofft Maria Gurjanova


Im Herbst diesen Jahres wird in Russland geplant, das Gesetz „zum verantwortlichen Umgang mit Tieren“ zu verabschieden. Das Gesetzt wurde der GosDuma bereits 2010 vorgelegt, ist aber bis jetzt noch nicht Inkraft getreten. Die Eintragung der Korrekturen ist für September dieses Jahres geplant. Die Tierschützer hoffen, dass das Gesetzt nun endgültig verabschiedet wird. Übrigens in Deutschland ist das Gesetz 1972 Inkraft getreten.


„Russland kommt um ein Tierschutzgesetzt nicht mehr herum. Wir sehen jetzt, dass die Bereitschaft der Menschen wächst. Im Vergleich zu den vorherigen Jahren gibt es eine deutliche Veränderung in der Denkweise, so dass im Endeffekt dieses Gesetz verabschiedet werden muss“, ist sich Natalia Gracheva sicher.

Übersetzung: Swetlana K.